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Posthume wissenschaftliche Würdigung

Der Wissenschaftler Dr. Holger Lilienthal starb plötzlich und unerwartet am 12. Mai 2020.
Das Julius Kühn-Institut trauert um den Forscherkollegen und Arbeitsgruppenleiter, der fachlich und menschlich überaus geschätzt wurde.

Die Möglichkeiten der Fernerkundung für die landwirtschaftliche Praxis nutzbar zu machen, war ein Hauptanliegen, das Dr. Holger Lilienthal während seiner beruflichen Karriere verfolgte. 2014, mit dem Start des Copernicus Programms, infolge dessen zwei Radarsatelliten und zwei optische Satelliten Deutschland regelmäßig alle zwei bis drei Tage überfliegen, rückte dieses Ziel in greifbare Nähe. Dr. Lilienthal war einer der Ersten, der das große Potenzial von Copernicus für die Landwirtschaft erkannte und mit Leben füllte. Das Projekt AGRO-DE, dessen Koordination er innehatte, war Auftakt für eine Vielzahl weiterer Vorhaben, die die Nutzung von Fernerkundungsdaten für landwirtschaftliche Anwendungen zum Ziel hatten und haben - in der Praxis, an den Fachinstituten des JKI, im Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) und anderen Behörden. Im März 2017 gründete er vor diesem Hintergrund das Forschungszentrum für landwirtschaftliche Fernerkundung am Julius Kühn-Institut.

Holger Lilienthal hat nicht nur den Aufbau eines Clusters zur Bereitstellung von aktuellen Fernerkundungsprodukten für die Landwirtschaft vorangetrieben, sondern auch die Entwicklung eines Nachhaltigkeitsindikators für Boden angeregt (SOIL-DE). Er war maßgeblich involviert in das Monitoring der biologischen Vielfalt in Agrarlandschaften (MonVia) und hatte erst kürzlich ein Pilotprojekt zur Nutzung von Copernicus-Daten für das flächendeckende Monitoring im Rahmen der EU-Agrarsubventionskontrollen angestoßen. Darüber hinaus hat er über viele Jahre hinweg auch die sensorgestützte Phänotypisierung in der Züchtungsforschung unter Feldbedingungen vorangetrieben und hierfür in den letzten Jahren neueste Drohnen- und Sensortechnologien eingesetzt.

Sein Enthusiasmus und seine beständigen Bemühungen, neue Vorhaben anzustoßen und Ideen Realität werden zu lassen, resultierten in einem stetigen Wachstum seiner Arbeitsgruppe und förderten seine Anerkennung in der Wissenschaftscommunity als Experte auf dem Gebiet der landwirtschaftlichen Fernerkundung. Lilienthal war aktives Mitglied in zahlreichen Fachausschüssen und Gremien. Er war im Copernicus-Fachnetzwerk der offizielle Ansprechpartner für Fragen zu Anwendungsmöglichkeiten in der Landwirtschaft und darüber hinaus Mitglied des Copernicus Relays. In dieser Funktion war er Botschafter der landwirtschaftlichen Fernerkundung auf nationaler und auf europäischer Ebene.

Seit mehr als einem Jahr wirkte er zudem in der deutschen Arbeitsgruppe der Group on Earth Observation (D-GEO) mit. In der letzten D-GEO-Arbeitssitzung am Hauptsitz des Julius Kühn-Instituts in Quedlinburg zeigte er Potenziale und Beiträge des Forschungszentrums für landwirtschaftliche Fernerkundung für GEOSS (Global Earth Observation System of Systems) auf. Seit Mai 2019 war er Mitglied im Programmausschuss Erdbeobachtung Raumfahrtmanagement.

Darüber hinaus teilte er Ideen und Erkenntnisse auf zahlreichen nationalen wie internationalen wissenschaftlichen Konferenzen, auf Fachmessen wie der Grünen Woche und den DLG-Feldtagen. Er engagierte sich bei Schülertagen und präsentierte seine Projekte Delegationen und Besuchern des JKI.

Beruflicher Werdegang: Ausgebildet als Geograph an der Universität Trier mit dem Schwerpunkt Fernerkundung wechselte Holger Lilienthal 2000, nach kurzem Aufenthalt beim Unternehmen Dornier in Friedrichshafen (heute Airbus Group), an das heutige JKI-Fachinstitut für Pflanzenbau und Bodenkunde am Standort Braunschweig (Bundesallee). Damals gehörte das Institut noch zur Bundesforschungsanstalt für Landwirtschaft (FAL). Er promovierte 2003 an der Technischen Universität Braunschweig zur "Entwicklung eines bodengestützten Fernerkundungssystems für die Landwirtschaft", einem System, welches die kontinuierliche Zustandsbeobachtung von Pflanzenbeständen auch unter diffusen Beleuchtungsverhältnissen ermöglichte. In den folgenden Jahren beschäftigte er sich unter anderem mit pflanzenbaulichen Strategien unter veränderten Klimabedingungen, der Integration von Wachstumsmodellen in die landwirtschaftliche Praxis und dem Aufbau von Feldinformationssystemen. Eines seiner Steckenpferde war die Entwicklung eines bodengestützten, mobilen, hyperspektralen Systems für das lokale Ressourcen-Management landwirtschaftlicher Böden.